Montag, 25. Januar 2016
Aufsteigende Angst. Von den beiden Großvätern und der Kahnfahrt im Zwielicht
Samstag, 23. I. 16, sonnig:
(Zug Bangkok - Chumphon, 24. I. 16:) T: Im Hof der Wohnung von Herrn Scheel, dann unterwegs im Kübeltrabbi zu Alessandra, bei der ich aber nicht angemeldet bin, auf dem Fahrrad, das ich an einer Kreuzung stehen lasse. Komme nach langer Zeit zurück zu meinem Trabbi, sehe ihn erst auf den zweiten Blick, das Verdeck ist offen und es hat geregnet. An der Autobahn in Lu, ein Trabbi von mir mit Zelt auf dem Dach steht neben anderen Autos. Jemand mokiert sich über zehn Jahre alte Rostlauben, die den Verkehr gefährdeten, besonders neue Autos, so wie seins. Überquere, das Fahrrad schiebend, die Autobahn, auf dem Seitenstreifen fahren auch Fahrräder. In einer Villa, ...(Chumphon, Thananya House, Zimmer 1, 25. I. 15:) ... zwei kräftige Männer gehen ganz hoch bis übers Oberlicht, überraschend schubst der eine den anderen daruf, der splittert hindurch und nach sehr langer Zeit hört man das Fallgeräusch. Ich schubse den zweiten, das Fallgeräusch kommt schon nach kurzer Zeit, verstecke mich hinter einer Tür, bis er die Treppe an mir vorbeigegangen ist und renne sie dann hinunter, immer fünf Stufen auf einmal nehmend und sogar auf dem Geländer hinunterrutschend. Unten stehen Freunde an dem mit Trödel vollgeladenen Trabbi, jemand bringt blau emaillierte Lampen, circa 20 Stück, bei den jeweils nur Birnen und Schirme fehlen, die man also serienmäßig ergänzen kann. Ella sieht aus wie Antje mit langem Haar, sie ist die beste Studentin im Kurs, deshalb darf sie zu einem Coltrane Concert nach Leipzig fahren. Hinter einem Tisch steht ein sehr feiner Mann mit weißem Haar, ein Frankfurter holt reservierte Karten für 5 Euro ab. Frage, ob ich auch so günstige bekommen könne, ich hätte einen Presseausweis und er gibt mir welche für 3 Euro.

Am Morgen lärmt es martialisch von den Autowerkstätten der hiesigen Gegen von Chinatown, so dass ich erst mit Ohropax wieder in den Schlaf finde, um Teil zwei, drei und vier meines trabbilastigen Traums zu träumen.
Circa kurz nach Mittag, ich hab ja keine Uhr, machen wir uns auf den Weg nach Kaffee die Charrenkrung Road Richtung Norden, wobei meine Koordination hier in Bangkok eher sehr dürftig ist.
Was ich für Autoreparaturlärm gehalten habe stellt sich als Baustelle neben dem Hotel heraus, die Bauarbeiter haben Tarnschlapphüte und genau solche Mundschutze auf.
Thunfisch-Chili im Rollbrot zum Frühstück, dann schlendern wir fotografierend durch Chinatown zum Bahnhof.
Kaufen Fahrkarten für morgen früh nach Chumphon und warten im Black Canyon Coffee auf der Balustrade auf Nicky, der immer was erlebt. Darin erinnert er mich an meinen Schwager Peter, Abenteuer reiht sich an Abenteuer und wir erfahren als erstes davon.
In einem Tuc Tuc zu dem Rohbau eines Wolkenkratzers, wo wir den Wächter bestechen wollen, uns reinzulassen, damit wir nach oben kraxeln können. Der ist sehr freundlich, lässt uns auch auf die Baustelle, aber nur um uns zu zeigen, dass die Polizei eine Alarmanlage eingebaut hat, um solche ungewünschten Besuche zu verhindern.
Gehen zum Pier N1 und fahren mit einem länglichen Schiff, dass hier die Funktion einer S-Bahn hat, aber viel weniger kostet, den Chaopraya Richtung Süden an unserem Hotel und jeder Menge Pagoden und Tempel vorbei. An der Krunthon oder Krung Thon Brücke werden wir hinausgeworfen, warum, bleibt uns unklar. Aber dadurch lernen wir eine junge Irin namens Kathrin kennen, die auch falsch gefahren ist, mit der wir dann in dem netten Lokal Water Front einkehren, trinke den Mocktail Shirley Temple aus Sprite/Grenadine/Lime und esse grünen Curry mit Rindfleisch, die Kombination in dieser kulinarischen und menschlichen Konstellation ist sehr angenehm.
Die Zufallsbekanntschaft, die in München aufgewachsen ist, entlastet sehr, Unterhaltung mit ihr erfrischend normal.
Taxi zurück, die Entscheidungsfindung dazu dauert für mein Gefühl viele Ewigkeiten. Der Fahrer weigert sich, uns noch weiter in unser Hotel zu fahren, warum, bleibt uns mangels Sprachkenntnissen schleierhaft.
Thailand, Bangkok, 768 Soi Phanurangsi, Songvad Road, River View Guest House, Zimmer 633:
Der Taxifahrer auf der Fahrt zurück vom im Norden gelegenen Water Front hatte einen genauso in Salzlöffelform gewachsenen kleinen Fingernagel, wie er, glaube ich, im Zauberberg bei Herrn Albin, dem mit den kleinen Backenbartstreifen neben den Ohren, beschrieben ist. Suche allerdings vergeblich und zum gerade in solchen Angelegenheiten gut unterrichteten Internet besteht keine Verbindung.
So verschiebe ich diese Nachforschungen, hoffentlich nicht auf den St. Nimmerleinstag. Hier aber habe ich jetzt die Kulturgepflogenheiten des Abends zu erledigen, Zahnseide muss angewendet werden.
(Chumphon, Thananya House, Zimmer 1, 25. I. 15:) Irgendwann so um 1 rum haben wir Dank des Jetlags eine Stunde gemeinsam auf dem Balkon unterm Vollmond mit Blick auf den friedlichen Chaopraya, mehr betont als gestört durch einen Schlepper mit Schubverband.
Trost dann im Bette weiter im Abschnitt "Aufsteigende Angst. Von den beiden Großvätern und der Kahnfahrt im Zwielicht", in dem die innerlich wurmstichige Madame Clawdia Chauchat, die Türen wirft, an den Nägeln kaut und Brotkugeln dreht und Castorp miteinander flirten, dass die Löcher aus dem Käse fallen. Und zwar nur, weil sie Castorp an seine homoerotische Jugendliebe erinnert und obwohl er sich eines Überlegenheitsgefühls nicht entschlagen kann. Castorp versäumt sich bei der Toilette, um wie sie zu spät zum Essen zu kommen. Als Settembrini auf Dante als Verkörperung der Tatkraft und als Bürger der Großstadt zu sprechen kommt, wähle ich die Passage als Cliffhänger zum morgigen Bahntag und durchsuche das Buch nach dem Salzlöffel.
Endlich finde ich die Stelle auf S. 159, nicht Albin ist es, sondern ein Halbstarker, ein "fünfzehn- oder sechzehnjähriger Junge, der ein Monokel eingeklemmt hatte und beim Hüsteln den langgewachsenen, salzlöffelähnlichen Nagel seines kleinen Fingers zum Munde führte, ein kapitaler Esel offenbar" und der so unvernünftig lebt, dass er Maulschellen verdient. Settembrini verkündet auf S. 217, dass Anton Schneermann von seiner Mutter wegen seiner Sauferei genau diese Ohrfeigen ausgehändigt bekommen habe und von ihr ins Tal und damit in den Tod expediert worden sei.
Wobei in dem Buch ja alle sterben.


Sonntag, 24. I. 16, Bangkok Regen, Chumphon sonnig:
Zug Bangkok - Chumphon: Der bedeckte Tag beginnt mit Hühnchen mit gebratenem Ingwer in einem ausschließlich von Backpackern frequentierten Lokal gegenüber dem Bahnhof.
Ordentlich durchgeschüttelt "like a train of this ol' SP" in dem Zug, der mit großzügiger Verspätung von einer Stunde startet.
Lese die "Bangkok Post", der von der regierenden Junta kritische Berichterstattung erlaubt wird. Zeitenwechsel in Vanatu durch Abwahl der Regierung, die aber sowieso schon wegen Korruption einsitzt. Ein tödlicher Blizzard, der das Knochenmark gefrieren lassen wird, das Monster wird Snowzilla genannt, überzieht den Osten der USA, während wir nach Süd-Thailand gondeln.
Angenehm: Kein einziger Artikel über Deutschland und die Flüchtlinge.
Entdecke die Kolumne "Postscript" von Roger Crutchley: "Es waren einmal Buchläden" und beginne eine Email an ihn:
Dear Old Crutch,
here's a little late new years greeting card. If you like you can get one on paper.
We're sitting in the rattling train from Bangkok to Chumphon, what a nice surprise to read your Postscript "Once upon a time there were bookshops". Your book "Post Script" I found before christmas in Berlin. It was in school of my younge daughter, they organised a christmas market & there I found your book & bought it for a good purpose.
It made us decide to travel to Thailand. Before my girlfriend & me wasn't sure, we only knew that we wanted to go somewhere warm. When I read across the book I asked myself: Could the author be still around? & than you're not only around, you still write your Postscript.
To introduce myself: I'm a 46 year old writer & tourist guide from Berlin, luckily enough my girlfriend payed me this voyage & here we are enjoying the country & your stories.
Now our question: Would you sign your book for us? We would love to invite you for a drink, cold or hot.
Best from Tuangwualaen
Falko
Zug Bangkok - Chumphon: Die Bahnhöfe wie gepflegte Gärten, individuell und liebevoll geschmückt, verziert und sehr sauber, stolze Schaffner mit Fähnchen.
Circa eine Stunde vor unserem Ziel werfe ich den Rechner an.
(Thananya House, Zimmer 1, 25. I. 15:) Verabschiedung von Nicky, dann surfen wir auf dem Trittbrett eines Sammeltaxis zum Strand und springen in den sehr salzigen und schön welligen Golf von Thailand.
Thailand, Chumphon, Strand von Thungwualaen, Thananya House, Zimmer 1: Essen im Mali Blues mit Blick auf einen roten Vollmond überm Meer.

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Sonntag, 17. Januar 2016
Natürlich, ein Frauenzimmer
Freitag, 15. I. 16, Schnee:
(Schreibtisch, 17. I. 16:) T: Spiele Fußball in der Halle, Jochen, es gibt einen neuen Ball, mit dem alle spielen wollen. Eine Lehrerin erklärt, dass die abgeranzte Steckdose unterm Tisch in Betrieb ist wenn wir uns ordentlich benehmen.

Schreibtisch: Physiotherapie, Judith heißt sie, ihr Vater ist 84, bis zu einer bestimmten Schrittfrequenz läuft man unbewusst, danach muss man darüber nachdenken, kann sich nicht mehr gleichzeitig unterhalten und würde dabei stürzen.
Nach 10 an den Hundetext, gegen 11 schicke ich die zweite Fassung ab.
Die Spesen aus Lecce sind immer noch nicht eingetrudelt und entsprechend ist mein Konto jetzt in den Miesen. Diese Zinsen zahlt mir niemand.
Wo ich gerade so im Dschumm bin schicke ich auch gleich die zweite Mahnung an den Audio Verlag raus. Alles nervend, sinnlos und blöd, aber die positive Energie aus dem gestrigen Erholungstempel trägt mich durch den Tag.
Obwohl mir auch heute noch diese Gewitterziege vom Arbeitsamt nachhängt, wünsche ihr von Herzen genauso eine furchtbare Sachbearbeiterin, wenn sie möglichst bald in eine Notlage kommt. Dazu soll sie Durchfall bekommen, beide Arme ab und kein Klopapier.
Mit einer Stunde Verzögerung, nach meinem gestrigen Plan, an Mark Twain. Finde meine eigenen Recherchen zum Fall von Kotze nicht mehr in meinen Aufzeichnungen. Dann doch was:
Berlin 1896
28. März bis 10. April
Die Rechtsanwälte
beim königlichen Landgericht lassen in Potsdam einen Nachruf auf einen Kollegen erscheinen: „Am 26. d. M. ist Herr Rechtsanwalt Ernst Zenker hier durch einen jähen tragischen Tod zu allgemeinen Schmerz dahingerafft worden.“ Das ist vorsichtig ausgedrückt, Zenker ist bei einem Duell getötet worden.
Karfreitag
ist der 3. April. Über dem Kurfürstendamm wälzen sich ungeheure Rauchmassen. In der Joachimsthaler Straße, nicht weit von der Gedächtniskirche, steht ein Dachstuhl in Brand. Die Charlottenburger Feuerwehr hat schwer zu kämpfen, die von Friedenau bringt geringe Hilfe. Angelockt durch den Rauch rasselt die Berliner Wehr heran. Als sie sieht, daß es auf Charlottenburger Gebiet ist, auf dem es brennt, kehrt sie trotz des lichterloh brennenden Hauses wieder um. Der Charlottenburger Feuerwehrwehr gelingt es erst nach vielen Stunden, das Feuer einzudämmen.
In Bliestorf
übt Freiherr v. Schrader Schießen. Er zielt auf eine Scheibe mit einer menschlichen Figur. Zwei Diener müssen die Pistolen laden, während ein anderer die Treffer zählt. Bei Regenwetter schießt v. Schrader aus dem Fenster. Nach dem Abendessen geht er auch noch eine Weile schießen. Von 100 Schüssen hat er durchschnittlich 97 Treffer.
Zwei Duelle
werden demnächst stattfinden, verkünden Hofkreise. Das Duell zwischen Zeremonienmeister v. Kotze und Freiherr v. Schrader hat sich nur verzögert, weil v. Schrader in England war, wo eines seiner Pferde bei einem Rennen lief. Das Duell soll zu den schwersten Bedingungen stattfinden: 10 Schritt Abstand und Kugelwechsel bis zur Kampfunfähigkeit. Bei dem zweiten Duell, das am ersten Osterfeiertag stattfinden soll, will das Journal die Namen der Beteiligten noch nicht nennen.
Besser Schießen
kann Freiherr v. Schrader, er ist ein berühmter Pistolenschütze. Die geringe Distanz von 10 Schritt mache jedoch alles vom Zufall abhängig. "Wir werden beide fallen!" so v. Schrader.
Herr v. Kotze
ist am 9. April bei seinem Schwager v. Tresckow in Friedrichsfelde und übt Schießen.
Ein Tretwagen
aus der Ganswindtschen Werkstatt wird am 10. April bei der Feuerwehr in der Lindenstraße getestet. Branddirektor Giersberg macht zwei Probefahrten und nimmt dabei eine der steilsten Straßen Berlins, die Lichterfelder Straße, mit 7 Grad im Trab. Der Wagen hat also mit sechs ungeübten Leuten die Geschwindigkeit eines Pferdegalopps erreicht.
Das lange angekündigte Duell
zwischen v. Kotze und v. Schrader findet noch am selben Morgen unter besonders schweren Bedingungen auf dem Ravensberg bei Potsdam statt. Die beiden Kontrahenten stehen sich in nur 10 Meter Entfernung gegenüber. Auf das Kommando des Unparteiischen: "Eins, zwei, drei!" wird geschossen. Eine Kugel streift v. Kotzes Anzug. Beim zweiten Schußwechsel wird v. Schrader in den Unterleib getroffen, ins Auguste-Victoria-Hospital nach Potsdam gebracht und operiert. Das Geschoß ist links unter der Lunge eingedrungen und hat wohl den Darm verletzt. V. Kotze fährt mit dem Zug zurück nach Berlin und empfängt in seiner Wohnung die Gratulationen seiner Freunde.
Die Operation,
die Geheimrat v. Bergmann durchführt, ist eine sehr schwierige. Der Darm muß siebenmal genäht werden. V. Schrader muß durch die Chloroform-Narkose brechen, eine neue Lebensgefahr. Die Kugel wird nicht gefunden, sie sitzt unerreichbar in der Wirbelsäule. V. Schrader ist sich über seinen Zustand im klaren: "Ich will kein Krüppel bleiben, ich habe mein Haus bestellt und will sterben!" Er leidet furchtbare Schmerzen, die durch Morphium gemildert werden.
11. bis 24. April
Bei Freiherr v. Schrader,
grad am Vortag von einer Kugel seines Widersachers v. Kotze schwer verwundet, steigern sich am 11. April die Brechanfälle, die Haltbarkeit der Nähte im Darm ist gefährdet. Gegenüber einem Freund sagt er: "Na, wer hat Recht behalten, Sie alter Optimist?!" Er stirbt am Abend an seiner schrecklichen Verletzung. Er war 48 Jahre alt und hinterläßt eine Frau und drei Kinder.
Herr v. Kotze
empfindet keine Genugtuung über seinen Erfolgsschuß. Wer den Ehrenkodex kenne, wisse, daß die Angelegenheit nicht anders beigelegt habe werden können.
Das Wörtchen „von“
hat zu einem umfangreichen Prozeß geführt, der am 13. April in sechster Instanz das Berliner Landgericht beschäftigt. Der Architekt Hacke kämpft für seinen Vater, den Telegraphen-Assistenten v. Hacke, der sein Adelsprädikat schon immer führt. Nach Ansicht des Gerichts müßte dem Angeklagten nachgewiesen werden, daß er den Adel zu Unrecht geführt habe. Es geht dabei darum, ob die Frau des Gendarmerie-Rittmeisters v.
Hacke, der in den 20er Jahren in der Zitadelle von Magdeburg gestorben ist, wirklich mit ihm verheiratet war. Nach manchen alten Akten habe diese Großmutter des Angeklagten nur in wilder Ehe mit jenem v. Hacke zusammengelebt. Jedoch hat sie stets behauptet, im Kloster Paradies bei Meseritz heimlich getraut worden zu sein. In dieser kritischen Zeit jedoch versagt die Zuverlässigkeit der Kirchenbücher und so kann diese Heirat nicht wiederlegt werden und v. Hacke wird freigesprochen. Die Berufung des Staatsanwaltes, die die siebente in diesem Prozeß wäre, wird verworfen.
Die Leiche v. Schraders
soll in der Garnisonkirche in Potsdam aufgebahrt werden, jedoch gibt der Kaiser dazu sein Einverständnis nicht. So findet die Trauerfeier am 15. April in der Kapelle des städtischen Kirchhofes statt.
Ein automatisches Restaurant
wird auf der Gewerbeausstellung getestet werden. Das Gebäude faßt 2000 Personen und alles geschieht elektrisch. Rings um die Küche sind 20 große Speiseautomaten aufgestellt, hinter deren Glaskästen warme noch dampfende Fleischspeisen zur Verfügung stehen. Eingeworfen werden müssen Münzen von 50 Pfennig bis zu einer Mark. Jede Speise steht auf einer geheizten Wärmplatte. Auch das Bier wird durch selbsttätige Hähne verzapft. Eine elektrische Musikkapelle spielt Straußsche Walzer, der elektrische Dirigent brauch keine Pause.
12. bis 25. September
Der populärer Komiker Otto Reuter
tritt am 13. September im Apollo-Theater wieder mit aktuellen zündenden Kuplets auf. Seine Urwüchsigkeit und Schlagfertigkeit rufen schallende Heiterkeit hervor.
Freiherr v. Kotze
wird auf seinen Wunsch vom Kaiser des Amts eines Ceremonienmeisters „in Gnaden“ enthoben.
Kanalisiert
wird derzeit in der Parochialstraße, dazu ist auch auf dem Gelände, das früher zum Friedhof gehörte, ein tiefer Graben gezogen. Einem Fußgänger fallen beim Überqueren der Straße eine Menge menschlicher Gebeine auf. Beim Einbiegen in die Waisenstraße sieht er einen Haufen Kinder, die mit einem Schädel Fußball spielen.
20 vor 1 gönne ich mir, trotz der widrigen ökonomischen Verhältnisse, eine Mittagspause in der Kantine der Volksbühne.
Dort Serbische Bohnensuppe, kaufe zwei der letzten Karten für den 11. Februar im Roten Salon und kehre erstmalig in dem neuen Café Zehdenicker-/Christinenstraße ein, das sich als Ableger des Oberholz herausstellt. Der doppelte Espresso ist aber nicht so doll. Lese FAZ, Flüchtlinge und Terror.
Herr Schmidt sagt wiederum ab, diesmal immerhin vor dem Termin.
Bei mir in der Post kann ich meinen bisher größten Erfolg des Jahres konstatieren: Die KSK hat meinen Ausschluss rückgängig gemacht. Darauf einen alkoholfreien Sekt!
An den Gutmenschen kurz nach halb 3 zur "Kunst der Fuge". David: "Lieber Gutmensch genannt werden als Arschloch sein."
Gegen halb 4 ergreift mich eine große Müdigkeit und ich lege ein Nickerchen ein.
Diesmal erscheint Herr Schmidt fast pünktlich, Treffen war sinnvoll denn der persönliche Eindruck ist nicht ganz so negativ wie der persönliche. Der Mann kommt als Bewohner in Frage. Eher schlichten Gemüts, aber kein Betrüger.
Überhaupt kommt meine der Not geschuldete Wohnungsvermietung in Fahrt, für Ende Februar gibts eine Anfrage über Air B'n'B und so gestaltet sich meine Ökonomie etwas sanfter.
Kurz nach 5 telefoniere ich mit Kurt Scheel, dem Erfinder des Wortes Gutmensch. Tonqualität ist lausig, aber immerhin verständlich.

Das blutige Messer von Herrn Scheel

Falko Hennig: Wie finden Sie das Theater um die Wahl zum Unwort des Jahres?

Kurt Scheel: Auch wenn das Wort Gutmensch gewählt wird, diese ganze Unwort-Wahl-Geschichte ist eine reine, schlechte PR-Veranstaltung und insofern ärgerlich, weil sie vor-aufklärerisch ist und so tut, als gäbe es böse Wörter. Dabei sind das alles Sprachwissenschaftler, die es von Berufs wegen besser wissen. [Hausaufgaben!...]
Das sind kindliche und lächerliche Konstruktionen von diesen Leuten, weil sie einfach geil darauf sind, damit einmal im Jahr in die Nachrichten und ins Fernsehen zu kommen.
Deshalb ist diese ganze Verfahren zum Unwort des Jahres eine anti-aufklärerische Sache. Dass es dieses Jahr den Gutmenschen getroffen hat, hat mich natürlich gefreut.
(Schreibtisch, 16. I. 16:) Gutmensch war schon vor ein paar Jahren als zweiter Sieger dabei. Man könnte darüber nachdenken, wieso so ein Wort so eine unglaubliche Karriere gemacht hat. Es muss so etwas wie ein soziales Faktum des Gutmenschentums geben. Aber es mit dieser PR-Geschichte "Unwort des Jahres" zu verbinden, ist eigentlich unwürdig.

Trifft die Bezeichnung Gutmenschen vielleicht die Jury selber?

Ich habe am Dienstag beim RBB einen kleinen Dreiminutenkommentar zu diesem Gutmenschenkram gemacht und da war das genau meine Pointe. Sie entlarven sich selber als das, was sie zu stigmatisieren vorgeben, nämlich als naive, dümmliche Gutmenschen.

Wobei die Kritik sich ja gegen die Rechten richtet, die das Wort benutzen.

Ja, ich benutze das Wort seit vielen Jahren nicht mehr, weil mir das unangenehm wäre, mit so einem Wort, das von links kam und auch am Anfang so wahrgenommen wurde, ...
Der dezidiert linke Tiamat Verlag von Klaus Bittermann hat zwei Sammelbände dazu herausgebracht, ich habe mich auch selber immer als linksliberal bezeichnet, dieses Wort ist tatsächlich irgendwann Ende der 90er Jahre erkennbar von der Rechten gekapert worden.
Mir ist das zum ersten mal sehr unangenehm aufgefallen, als die Freiheitlichen in Österreich, Haider und Konsorten, die haben das Wort erkennbar strategisch benutzt, um die politischen Gegner damit zu verhöhnen. So war das von mir nicht gedacht.
Ich habe sogar zwei Artikel in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht, in denen ich in scherzhafter Form darauf hinwies, dass ich diejenigen, die dieses Wort in diesem nicht von mir gedachten Sinne benutzen, zu Regresszahlung verdonnern lasse.
Seit ungefähr 15 Jahren wird das Wort vorwiegend von rechts gegen links oder liberal benutzt. Und seitdem werde ich meiner Erfindung nicht mehr so richtig froh.
Aber es bleibt dabei, es muss etwas geben, was durch dieses Wort getroffen wird und auch Trefferwirkung zeigt.

Wer hat das Wort Gutmensch erfunden?

Das ist einfach zu beantworten und das ist auch nie widerlegt worden: Das habe ich erfunden. Ich habe das lang und breit in meinem Abschiedsbeitrag im "Merkur" geschildert.
Karl-Heinz Bohrer hat einen Artikel geschrieben, darin schrieb er man sollte daran denken, ein "Wörterbuch des guten Menschen" zu verfassen, in dem bestimmte angesagte Begriffe und moralisierende Termini wie "Querdenker" und "eigensinnig" kritisch behandelt würden. Vorbild war das "Wörterbuch der Gemeinplätze" von Flaubert.
Bei Bohrer stand "Wörterbuch des guten Menschen", die Inspiration kommt von Nietzsche. Mir fiel ein: Wenn man das zusammenzieht zu dem Wort Gutmensch, klingt das irgendwie spöttischer und gemeiner.
Ich habe seine Manuskripte immer redigiert, das verändert und ihm vorgelegt. Er war übrigens nicht sehr happy darüber, aber ich konnte ihn dann bereden, so dass er sagte:
"Okay, wenn Du meinst, dann machen wir eben Wörterbuch des Gutmenschen." Mit dem Januarheft des "Merkur" 1992 war das Wort in der Welt, das war meine Tat, ich war dabei.
Es ist über den Kreis der Merkur-Leser hinaus gegangen, ein paar Schlauköpfe haben das gleich mitgekriegt. Es ist von Klaus Bittermann und Gerhard Henschel im Merkur gesehen worden und die dachten: Das ist eine wunderbare Idee, das machen wir jetzt mal!
Sie haben zwei dicke Bände "Wörterbuch des Gutmenschen" Band 1 und 2 herausgebracht. [Im ersten Querdenker] Die haben sich sehr gut verkauft und so ist das Wort tatsächlich in die Massen eingedrungen und wurde vielfach benutzt. Am Anfang von linker Seite, fünf bis acht Jahre später hat die eigentlich ja erfreulich dumme Rechte irgendwas bemerkt und hat es aufgegriffen.

Was halten Sie von dem Satz: Lieber Gutmensch genannt werden als Arschloch sein?

Das ist in jedem Fall richtig. In meinem Beitrag für den Rundfunk habe ich angemerkt, dass sich so viele Leute den Schuh anziehen, wenn sie als Gutmensch attackiert werden.
Leute, die Flüchtlingen helfen, die etwas tun und nicht nur geil darauf sind, in der Öffentlichkeit zu stehen, das sind keine Gutmenschen. Das sind gute Menschen! Das Wort Gutmensch wurde von mir erfunden, um die guten Menschen von den Wichtigtuern und öffentlichkeitsgeilen Medienleuten unterscheiden zu können.
Wenn mich jemand Gutmensch nennt, würde ich sagen: Bin ich nicht. Wenn mich jemand als guten Menschen bezeichnet, habe ich nichts dagegen. Die genannten Angeber und Wichtigtuer darf man ruhig Gutmensch nennen. Da muss sich keiner von den guten Menschen auf den Schlips getreten fühlen.

Klingt nach einem perfekten Schlusswort. Im Internet steht ja: Kurt Scheel reklamiert für sich...

Ich habe den Leuten von der Gesellschaft für deutsche Sprache schon vor 15 Jahren geschrieben, von Reklamieren könne gar keine Rede sein, sondern so sei es gewesen. Ich habe es ihnen geschildert und gesagt, ich würde sofort von meiner Geschichte zurücktreten, wenn sie mir ein Beispiel bringen könnten, dass das Wort von jemand anderem vorher benutzt worden sei.
Daraufhin schrieben sie zurück: Ja, das könnten sie, unter dem Stichwort Gutmensch hätten sie einen Eintrag, dass in den 80er Jahren in der amerikanischen Wirtschaftszeitschrift "Forbes" das Wort Gutmensch auftaucht. Das klingt ja so ungeheuer irre, dass ich wirklich erst dachte, die verarschen mich.
Dann bat ich sie um eine Kopie dieses Artikels oder der Passage aus dem Magazin "Forbes". Darauf schrieben sie zurück, sie hätten den Artikel nicht, nur die Mitteilung, dass dem so sei. Sie konnten das überhaupt nicht nachweisen! Im übrigen, schrieben sie weiter, ich solle mich nicht so haben, sie hätten meinen Namen doch erwähnt.
Die haben das für eine einfache Wichtigtuerei von mir gehalten. Die werden von öffentlichen Geldern finanziert. Sie wollten verbergen, dass sie einfach kaltblütig gelogen haben. Sie können das nicht nachweisen!
Wir haben das blutige Messer mit den Fingerabdrücken von Herrn Scheel. Dann sage ich: Zeigt es uns! Nee, wir haben nur eine Karteikarte, auf der steht, dass wir das blutige Messer haben. Das Messer haben wir leider nicht. (lacht) Ist das nicht irre?

Ich bin froh, dass ich zumindest im kleinen Rahmen der Berliner Zeitung der Wahrheit zum Siege verhelfen kann.

Nein, das kann man nicht. Ich verfolge das nun seit mehr als 20 Jahren. Ich habe selber an vielen Stellen von der taz über die Frankfurter Rundschau und Die Zeit und im Merkur die Geschichte ausführlich erzählt. Ich habe eine Menge Leute, die behauptet haben, das Wort sei schon früher aufgetaucht, bei Goebbels und so, angeschrieben und sie gefragt, wo das steht und wo sie das her haben. Ich habe nie eine überzeugende Antwort bekommen.
Das bewirkt dann nur, dass irgendwo steht: "Scheel deklariert sich zum Schöpfer", oder "Scheel reklamiert die Urheberschaft". Dass nachweisbar falsche Geschichten erzählt werden, liegt auch daran, dass sich die Sprachwissenschaft nicht gerne vorstellt, dass Neologismen von einer Person erfunden werden. Das ist auch nicht die Regel, normalerweise sind das andere Prozesse. [Fellini...]
Durchdringen kann man in diesem Fall nicht mit der Wahrheit, die eigentlich ganz einfach ist.

Wie steht es mit den Belegen aus dem 19. Jahrhundert?

In einem Artikel in "Der Welt" wurde die pädagogische Schrift "Briefe an eine Jungfrau über die Hauptgegenstände der Ästhetik" von Christian Oeser von 1859 genannt, ich habe mir das Buch für teuer Geld antiquarisch besorgt und es von vorn bis hinten gelesen, aber ich habe es nicht gefunden, es tut mir leid.
Ich würde 1000 Euro wetten, dass der Journalist, es ist einer der besseren, nicht verifiziert hat. Das hat ihm irgendein befreundeter Germanist erzählt, ja, das habe er da.
1000 Euro für den, der mir das Wort Gutmensch in einem Buch aus dem 19. Jahrhundert zeigt.
Ich hätte es für möglich gehalten.
Es gibt bisher keinen Beleg, dass das Wort vor 1992 irgendwo in gedruckter Form auftaucht. Ein Beleg wäre für mich ein überzeugender Beweis und ich würde sofort die Schnauze halten. Das hat noch keiner gezeigt, einer schreibt vom andern ab. Dass die Gesellschaft für deutsche Sprache die Frechheit hat, zu sagen, sie könnten das nicht belegen, aber ich sollte es ihnen glauben. Das sind Wissenschaftler! Nochmal: Öffentliche Gelder! Und die sagen: Unsere Arbeit machen? Wir sind doch nicht verrückt!
Eigentlich ist das ein kleiner Skandal, aber egal. Ich habe mich immer bemüht, nicht zu ärgerlich zu werden. Ich nehme das zur Kenntnis und versuche, es mir wegzugrinsen.
Das ist die richtige Einstellung und es gibt bestimmt eine ausgleichende Gerechtigkeit.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hatte Schiss, sich vor mir lächerlich zu machen. Es hätte sie ja nichts gekostet zu mir zu sagen: Entschuldigung, hier haben wir schlampig gearbeitet, tut uns leid! Wir formulieren das anders um. Aber nee, die dachten wohl: Dieser Fuzzi vom Merkur spielt sich auf, macht hier den dicken Max, dem werden wir mal schön Bescheid sagen, wer hier das Sagen hat!
Wer die Sprache bestimmt, das bestimmt die Gesellschaft für deutsche Sprache.
Es ist komisch, dass das in einer Demokratie möglich ist. Wenn ich einen Sekretär hätte, dem würde ich sagen: Okay, und wenn es einen Monat dauert, flieg nach New York und geh in die Bibliothek und kopiere das Forbes Magazin!

Danke für die besten Auskünfte zum Thema, die man ohne Bargeld bekommen kann.

Es ist ungefähr so, als würden Sie den lieben Gott fragen: Wie wars eigentlich genau am dritten Tag der Schöpfung? Da ist Gott ein guter Ansprechpartner.

Scheel hat überall nachgeschlagen, sich die jeweils angeführten Werke gekauft, nirgends ließ sich das Wort "Gutmensch" finden. Inzwischen hat er eine Belohnung von € 1000,- ausgesetzt für einen Beleg für das Wort vor 1992.
Es wäre sehr überraschend, wenn sich dieses Geld jemand verdienen kann.
Sofa: Scheel musste den Autor mühsam überzeugen, dass die Verkürzung Gutmensch noch prägnanter sei.
Denn die Scherzidee des Wörterbuchs... wurde im Verlag Tiamat Wirklichkeit...
Lisa trifft zuerst ein, das erste mal seit Irland sieht sie bei mir fern, also nach einem Dreivierteljahr.
Abendessen mit den Goldtöchtern ist bescheiden, Reis mit Soße.
(Schreibtisch, 17. I. 16:) Auf dem Küchentisch kommt das Schmelfeuer Indoor zum Einsatz, das ich hier in der Lottum gefunden habe:
"Der Schmelztigel erinnert an alte Tiegelformen, klassisch, klar und gleichzietig zweckbetont. Der Alu-Brenner steht in einer eingearbeiten Vertiefung mit Keramiktiegel. In seinem Inneren befindet sich ein mit Messingdraht umwickeltes, längsgerichtetes Glasfaserbündel, das als Dauerdocht dient. Dieser Docht verbrennt nicht und dient an den Spitzen als Katalysator zur Wachsverbrennung."
Sofa: Kucken "Dune - Der Wüstenplanet" (USA 1984), wie lange haben wir das nicht mehr gemacht, einfach zusammen einen Film kucken? Von der Hülle der hier in der Lottum gefundenen DVD hatte ich unerträglichen Schund erwartet, es ist aber eher ein Klassiker des Genres von David Lynch und für ihn recht stringent. Es geht um die bewusstseinserweiternde Droge Spice, mit der man durch Raumfaltung auch mit Überlichtgeschwindigkeit durchs All reisen kann. Aliens mit Augenbrauen wie Martin Walser, Kapitän Picard, Jürgen Prochnow und Sting spielen mit.
nachmagazin über das Schwimmbadverbot gegen Flüchtlinge bei Bonn. Flüchtlinge, Flüchtlinge, Flüchtlinge. Der Landshuter Landrat mit seiner Flüchtlingsfahrt nach Berlin.
Die bösen Nordafrikaner in Köln.
Der Krieg in der Ukraine und die traumatisierten Soldaten, Pizza Veterano.
Schlechte Stimmung bei der Grünen Woche, Milchbauern machen dicht.
Geiselnahme in Ouagadougou.


Samstag, 16. I. 16, grau:
Natürlich, ein Frauenzimmer
(Schreibtisch, 17. I. 16:) T: Auf Hiddensee, zu einer Insel mit Hubschrauber, versuche, jemandem zu erklären, dass die Vorsilbe Kilo- "viel" bedeutet wie bei Kilometer oder Kilogramm. Auf 1000 komme ich erst später.

Bemerkenswert an Hiddensee ist, dass es eine Verbindung zum Zauberberg gibt, die Peeperkorn-Affäre.
Zum ersten mal in diesem Jahr tippe ich die Schrift des Tages aus dem Typodarium in die Ewigkeit: Es ist die Basil von Vassil Kateliev von 2014, eine sowohl traditionelle als auch innovative Antiqua. Ein Arbeitspferd, also eine Brotschrift.
Seit etlichen Jahren zum ersten Mal bin ich bei einem Arbeitseinsatz unseres Hauses dabei. Leider ist das Ziel nicht in meinem Sinne, die schöne Grünpflanze am Gitter meines französischen Fensters ist, meiner Meinung nach zu Unrecht, als Hauszerstörerin zum Tode verurteilt.
Schreibtisch: Sozial ist der Subbotnik ein großer Erfolg, ökologisch bin ich skeptisch. Wir killen den Efeu an der hinteren Hauswand, seit 1997 durfte er wachsen, nur wird er abgeholzt.
Stuckrad-Barre geht ins Hinterhaus, wen er da wohl besucht?
Gegen 11 am Rechner, weiter ans Abtippen des gestrigen Interviews.
Zwischendurch Reis mit verschiedenen Resten mit Sib.
Bis gegen 6 am Gutmenschen, dann ist der erste Entwurf fertig.
Telefonat mit Mutti, sie fliegt Ende Februar nach Kuba. So ein Rentenleben werde ich nicht haben. Andererseits hat sie auch noch den Krieg erlebt.
Zu Kurt in die Dunckerstraße 4, am Haus hängt eine Gedenktafel, die an Klaus Schlesinger erinnert, der hier aufgewachsen ist.
Aus "Der Sache mit Randow":
"Ich rede nicht von einer beliebigen Straße, ich rede von der Duncker. Natürlich muß ich, wenn ich von der Duncker rede, auch von anderen Straßen reden; etwa von der Bernauer, die man über die Danziger, die jetzt Dimitroff heißt, und die Eberswalder erreicht und deren südliche Seite zum Osten, deren nördliche zum Westen gehörte. Ich weiß nicht, wie oft wir durch die Bernauer gegangen sind, natürlich nicht öfter als durch die Duncker, aber sicherlich öfter als durch die Schliemann, die quasi um die Ecke lag. Die Bernauer war für uns so etwas wie das Tor zur Welt, zu einer anderen Welt genau genommen, denn selbstverständlich blieb die Duncker für uns der Mittelpunkt des Lebens schlechthin."
In seinen letzten Jahren wohnte er in der Umgebung der Lottum-, gelegentlich sah ich ihn auf der Straße, meist in weiblicher Begleitung. Heidi fand, dass ich genauso gehe wie er.
Jörk, Silvia, Sib und ich sitzen bei Kurt in der recht kalten Wohnung beisammen, Sekt, Weißwein, Schnaps, ich Wasser. Unterhalten uns über Moral und "Nackt unter Wölfen", recht systematisch gibt sich das Geburtstagskind die Kante.
Wer was macht und wo ist, der ist mit dem Geld seines Dealers und vor der Bundeswehr abgehauen und ward nicht mehr gesehen.
Beim Ansehen alter Fotos, unter anderem auch von "Auf hoher See" im Bergwerk circa 1997 und von der Reformbühne mit Uwe Hassel-Jahnkow im Publikum, Idee zu einer Andersrum-Party.
Meine Liebste schläft kurz nach Mitternacht, auf Vinyl läuft aus "Der Kunst der Fuge" vom Kurpfälischen Kammerorchester Contrapunctus 11, a4, Canon alla Ottava, Canon alla Duodecima in Contrapuncto alla Quinta, Canon alla Desima. Contrapuncto alla Terza und Canon per Augmentationem in Contrario Motu.
Angemessenes Geräusch für "Natürlich, ein Frauenzimmer":
Das Gong ertönt nach Castorps schwerem, von seinem Herzrasen peinlich belebten Halbschlummer. Beim Mittagessen berichtet die dümmliche Frau Stöhr von ihrer vormittäglichen Untersuchung "indem sie sich auf ungeblidete Weise zierte und die Oberlippen von ihren Hasenzähnen zurückzog."
Es wird opulent mit abscheulichem Appetit gegessen.
Eine Frau knallt die Glastür mit einer Hand "nicht so gepflegt und veredelt, wie Frauenhände in des jungen Hans Castorp gesellschaftlicher Sphäre zu sein pflegten."
Würde meinen, es müsse "Castorps" heißen, so wie "der Gong".
Blumenkohl muss sich mit dem Blauen Heinrich besprechen, sagt die Stöhr mit Genugtuung. Ich hätte einen besonderen Ausdruck für Lokus vermutet, aber es handelt sich um den 1889 von Peter Dettweiler erfundenen kobaltblauen Spucknapf, den Castorp schon auf der Fahrt zum Sanatorium sehen konnte, eine "flache, geschweifte Flasche aus blauem Glase mit einem Metallverschluß“ Joachim versteckt sie gleich wieder: "Es hat auch einen Namen bei uns, so einen Spitznamen, ganz fidel.“
Im Zimmer spuckt Castorp Blut.


Sonntag, 17. I. 16, Schnee:
Schreibtisch: T: Mit den Autoren zum Fußball in Afrika, kommen in ein Camp und haben einen Riesenhunger, aber es gibt nichts zu essen außer einigen Früchten. Zum Quartier müssen wir durch verschiedene Räume und die Küche. Ich relativiere das Ungemach: Wenn man in Afrika Fußball spielen möchte, dann muss man viel Zeit investieren, wie oft ich gewartet hätte, bis es mal klappte. Bin in Rangsdorf allein in Grünigs Haus, suche im Zimmer von Frauke nach Adressen von Restaurants. Höre jemanden und rufe, um niemanden zu überraschen "Hallo!", aber Vati ist zu Tode erschrocken, ich entschuldige mich und sage erleichtert, dass er zum Glück nicht umgefallen ist. Bärbel gibt mir Ratschläge zu den Restaurants, in dem zum Beispiel spreche man nur englisch. Mit Mutti an einem Straßentisch vor einem Restaurant in Berlin, habe einen Stadtplan ausgebreitetet, er ist riesig. Windstöße, ich sage: "Ob ich es wohl schaffe, ihn noch zusammenzufalten?" Ich muss ihn vor den Böen schützen. Einige Seiten sind schon stark abgerubbelt, dann schaffe ich es, ihn wieder in die handliche Form zu bringen.

Planen am Frühstückstisch eine Andersrum-Party für den 2. April.
Nutze den Tag des Herrn zur weiteren Vorbereitung der nächsten Sendung. Nach 12 ans Zusammenschneiden des letzten klingenden Rätsels für die Auflösung im nächsten.
Angenehm die freie Zeit, kann endlich wieder an meinen Blog.

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Sonntag, 10. Januar 2016
Ein Wort zuviel
Samstag, 9. I. 16, sonnig:
Schreibtisch: Welches sich als noch deutlich schlimmer als das andere herausstellt.
Nach dem Frühstück ein langes, unangenehmes und doch erleichterndes Gespräch.
Dass ich es bei der Neujahrskarte in diesem Jahr bei 200 Exemplaren belassen sollte. Ein radikaler, sinnvoller, letztlich sogar seit vielen Jahren überfälliger und unvermeidlicher Schritt.
Es ist überhaupt das erste mal, dass ich von meiner Verzweiflung angesichts meiner derzeitigen beruflichen Situation sprechen kann. Sib fühlt bei mir eine große Lähmung, was einerseits stimmt, andererseits ist sie auch eher eingebildet, was ich mit meinem Bienenfleiß belegen könnte.
Gegen 2 Rechner zur Korrespondenz mit Kottkamp an. Dabei großes, schon körperliches Unbehagen. Beobachte den Dampf aus dem Schornstein gegenüber und ein Flugzeug mit Kondensstreifen.
Biete für die Kurzstrecke ein Feature über Piradio an, etwas Radiotauglicheres fällt mir gerade nicht ein.
Beschissen gehts mir nach wie vor. Wie gut, dass ich krank bin, ich würde es hassen, mich so zu fühlen, wenn ich gesund wär. Quäle mich entsprechend absurd an dem Gutschein.
Krankheit, so ist es, muss es akzeptieren.
Schaffe es trotzdem, den Kapitel- und Honorarvorschlag, 100,- für 4000 Zeichen, an Eva Röthel zu schicken, nachdem ich die ersten Brasilien-Abenteuer von Siegfried Pater gelesen habe.
Gestalte den Gutschein für Gabi fertig und telefoniere mit ihr wegen der Übergabe.
Stelle circa 100 Datensätze auf Email für die Neujahrskarte um, in Wahrheit wird kaum jemand die Karte auf Papier vermissen.
Sofa: Auf einer Skala von 10 = überglücklich bis 1 = zu Tode betrübt fühle ich mich heute bei 3.
Liege vor der Dokumentation "HMS Erebus" (GB 2015) über die Franklin-Expedition von 1845 und das Wiederfinden eines der verschollenen Schiffe. Vier Bücher lese ich derzeit hauptsächlich, Knausgard ist in der Acker-, hier sind es neben "Dem Zauberberg" noch "Astrid Lindgren, ihr Leben" von Jens Andersen und "Einstein in Berlin" in Englisch. Bleibe bei Pippis Schöpferin:
"Wir alle waren kleine süße Kinder, die groß geworden sind und sterben müssen."
(Schreibtisch, 10. I. 16:) Danach folgt eine extrem schlechte Doku über Elton John, sie macht den Eindruck, als hätten sie ein fünfminütiges Gespräch mit dem Musiker in einem Hotelfoyer mit Einlassungen der entferntesten Bekannten, die denkbar sind, zum Film hochgemotzt.
Sofa: heute journal: Abschiebung für vergewaltigende Flüchtlinge, da sind sich die Populisten einig. 3000 kommen derzeit pro Tag trotz Winter. Die aus Frankreich nach Israel eingewanderten Juden fühlen sich dort deutlich sicherer.
Den Zauberberg hebe ich mir fürs Bett auf. Leider ist dieser Zauberblog völlig ungeeignet zum Vortrag in Reform- oder anderen Lesebühne.
Bett: Vor halb 12 hier oben, wo heute morgen der unglückliche Tag begann.
"Ein Wort zuviel"


Sonntag, 10. I. 16, bedeckt & mild:
Schreibtisch: Auf Stralau bei Rummelsburg, wir gehen einen besonderen Weg am Wasser entlang zu einem Haus, auf dessen Dach man mit einer Leiter klettern kann. Oben drauf haben Silke und Zwieg ein separates Haus, von dem man aufs Wasser und auf den Strand gegenüber blickt. Dort sind Bungalows mit Urlaubern. In dem Dachhaus ist eine Party, ein Anruf kommt. 300 Euro bezahlen sie und dafür kann man es auch von ihnen mieten. In einem Zimmer sieht man im Dach einen Bauwagen, da wohnen auch welche.

Das Fenster war die ganze Nacht weit geöffnet und zum Morgen schreit ein verwirrtes Vögelchen wie am Spieß als sei es Frühling.
Halb 11 sitze ich merkwürdig gut gelaunt am Rechner, diese schwankende Stimmung ist ein Rätsel der Psychologie.
Schreibe an einem Text für heute Abend, oder, wenn ich Thomas Mann vertrauen kann, für heute abend:
Gut reingekommen?
Dieses Silvester werden wir alle nicht so schnell vergessen, nehme ich an. Herr Binner hatte die üblichen großzügigen Vorräte an Bier, Sekt und Schnaps gekauft und empfing uns in seiner Wohnung in Baumschulenweg. Nach alter Tradition sollte gesoffen und gezockt werden bis wir auch diese besonders unangenehme Nacht herum bekommen hätten.
Ich hatte Pfannkuchen mit, Glückskekse waren vorbereitet, eine Suppe, Weintrauben und natürlich alles, was drehte.
Aber dann stellte sich heraus, dass niemand von uns Alkohol trank und dass Juston Spiele verabscheute. Eigentlich war Spielen das einzige, was er noch etwas mehr hasste als Alkohol.
So saßen wir also mit unseren bunten Papierhütchen um den großen Tisch herum und wir konnten hören, was die anderen dachten und es waren keine guten Gedanken.
Dagegen war es vor einem Jahr ein verhältnismäßig guter Abend gewesen, als ich Herrn Binner kennengelernt hatte. Ich war von Juston Buße zu einer kleinen, aber feinen Lesebühne nach Schöneberg eingeladen worden und ich mag Juston recht gern.
Warum man jemanden mag oder warum nicht ist oft rational nicht zu erklären. So habe ich lange Helmut Schmidt gehasst, obwohl er mir eigentlich gar nichts getan hatte. Auch auf Joachim Gauck bin ich sauer und so geht es mir mit vielen Politikern.
Aber umgekehrt ist es angenehmer, denn ich finde aus genauso irrationalen Gründen viele mir ebenfalls völlig fremde Menschen sympathisch. Astrid Lindgren, diesen übergewichtigen Tagesschau-Sprecher, den Kurdenführer Barsani.
Es war ein recht besonderer Tag damals im Dezember 2014, denn an dem Tag hatte ich meinen Vater beerdigt. Problemlos hätte ich natürlich die Lesung absagen können, aber in solchen extremen Lebenssituationen habe ich bestimmte Routinen immer eher als hilfreich erlebt. Es hilft mir, wenn es möglich ist, in Phasen starker seelischer Erschütterungen weiter zum Fußball zu gehen, weiter zu den vereinbarten Lesungen, weiter einzukaufen und fernzusehen. Einfach weiter machen, als wäre nichts geschehen um dabei zu merken: Das geht noch. Das auch. Und das leider nicht.
"Icke lad mir Gäste ein..." hieß die Lesebühne, und dort lernte ich Herrn Binner kennen, einen Musiker, den ich sofort für die Reformbühne gewinnen wollte, als ich ihn erlebte. Es war auch sonst ein sehr einträglicher Abend, denn ich konnte nicht nur ihn engagieren, sondern noch einen genialen Opernsänger, Juston selbst und ich lernte auch einen Blinden kennen, der kürzlich der erste Leser in der Reformbühne war, der seine Manuskripte in Braille ausgedruckt hatte und sie mit den Fingern ablas.
Herr Binner war ein Berliner und für einen solchen sehr nett. Angeblich sind die meisten Berliner nett, aber sie verstehen es, diese Eigenschaft unter Grobheit und Pöbelei so zu verbergen, dass niemand sie erahnen kann. Ich weiß das, denn ich bin in Berlin geboren und nach mancher großzügigen Definition darf ich mich selber Berliner nennen.
Ich würde das Verhältnis zu Herrn Binner, der sich zusammen als ein Wort mit großem Binnen-B schreibt, als Freundschaft bezeichnen. Denn im Sommer lud er mich ein nach Neukölln in eine Kirche, wo ich mit und vor vielen freundlichen Leuten lesen konnte und auch seine Frau und seinen Sohn kennenlernte.
Auch in der Reformbühne kam er sehr gut an, ich bin immer froh, wenn meine Einschätzung sich durch die Wirklichkeit bestätigt. In 9 von 10 Fällen liege ich damit richtig, aber leider weiß ich vorher nie, welches der 10. Fall sein wird und wer dann also in der Reformbühne auf eiskaltes Schweigen und peinlichen Höflichkeitsapplaus stoßen wird.
Doch zurück zur Silvesternacht. Von Herrn Binner, der in einem Wort geschrieben wird, wusste ich von Facebook, dass er Herbert heißt. Nun stellte sich aber heraus, dass sein wirklicher Name Ulrich sei. Er behauptete, ihm sei es völlig egal, wie er genannt werde.
Es waren noch seine Frau dabei, meine Liebste, eine Eva, der schon erwähnte Juston und ein Morten oder Thorben. Leider gibt es bestimmte Namen, die ich immer verwechsle. Christoph und Christina gehören dazu, Ronald und Roland, Christine und Christiane und leider auch Morten und Thorben.
Dabei hätte ich den längst kennen müssen, denn er moderiert eine Radiosendung direkt vor meiner, so dass ich ihn jeden Monat im Studio sehe. Ich weiß von ihm, dass er bei der Partei arbeitet, die die Mauer wieder aufbauen will und trotzdem kann ich mir nicht merken, ob er Morten oder Thorben heißt.
Es geht mir übrigens mit manchen Straßen auch so, die Saarbrücker und Strassburger verwechsle ich immer, manchmal auch die Belforter Straße.
Immerhin, wenn dieses Silvester-Beisammensein irgendeinen Nutzen hatte, dann den, dass ich jetzt doch glaube, dass er Thorben heißt, denn kein Deutscher heißt Morten.
"Und Ihr trinkt wirklich keinen Alkohol?" Herr Binner wollte es nicht so richtig glauben, vor allen Dingen, weil es ja Silvester war und die Stimmung anstatt feuchtfröhlich trockentraurig.
Immerhin war niemand von uns vom Knallen begeistert. Ich hoffe ja, irgendwann in einer Silvestergeschichte den Satz benutzen zu können:
"Er hat an Silvester viel Pech gehabt, er musste danach seine Beine unter die Arme nehmen."
Herr Binners Frau fragte, ob wir wüssten, woher das Wort Böller kommt. Ich tippte auf eine Steigerungsform von langweilig, abgeleitet von Heinrich Böll. Mir wurde widersprochen, Böll sei doch nicht langweilig, im Raum herrschte Dr. Murkes gesammeltes Schweigen. Ach, meinen Hass auf Heinrich Böll habe ich vergessen zu erwähnen, auch völlig irrational, vielleicht, weil er den Literaturnobelpreis bekommen hat und ich nicht.
Das ist das Problem mit diesen irrationalen Hasspersonen, dass man sich darüber so richtig gut nur mit Gleichgesinnten austauschen kann, und hier waren keine Gleichgesinnten.
Meine Lieblings-Hassfigur ist übrigens Rainer Werner Fassbinder, der es geschafft hat, innerhalb von absurd kurzer Zeit eine gigantische Menge extrem langweiliger Filme zu drehen. Sadistisch, charakterlich minderwertig, drogensüchtig und fett, völlig humorfrei, theatralisch und unendlich langweilig, so war Fassbinder und wäre er noch heute, wenn er nicht zum Glück so früh ins Grass gebissen hätte. Wieso er jemals als talentiert galt kann ich nicht das kleinste bisschen verstehen.
Zum Glück konnten wir mit Thomas Mann und seinem "Zauberberg" ungefährlichere Gewässer erreichen. Ich bekam die Ausgabe von Herrn Binners Mutter gezeigt.
Jedenfalls ließ sich Juston dann darauf ein, trotz seines Hasses auf jegliches Spielen und seiner Übellaunigkeit, die ihn dabei überwältigte, mitzuspielen:
"In Tarragona raubt ein Mann eine Bank aus, indem er zur Verwirrung 2000 Kanarienvögel in der Schalterhalle fliegen lässt." Damit es nicht zu langweilig wurde, hatte ich extra das Kartenspiel "Sex & Crime" mitgebracht. Es heißt "Anno Domini" und man muss dabei schätzen, wann bestimmte Ereignisse stattgefunden haben.
"Frederik VIII., König von Dänemark, stirbt in einem Hamburger Bordell"
"Das war doch vor zwei Jahren!" Man muss bei diesem Spiel etwas pokern, also den Eindruck machen, als wüsste man recht genau, wann das jeweilige Ereignis war, das man in die richtige Reihenfolge auf den Tisch einordnen muss.
"Bei Christie's in London gelangt der Penis Napoleons zur Versteigerung"
"Ein Zentimeter, das verschrumpelte Ding war nur einen Zentimeter groß und ein Urologe aus Amiland hat es gekauft für 3900 Dollar!"
"Der Maler Caravaggio tötet den Zuhälter seines Modells Fillide Melandroni beim Versuch, ihn nach einem Streit zu kastrieren"
"Da war ich gerade in Italien, die Nachrichten waren voll davon! Es ging ein bisschen unter, weil kurz darauf Ratzinger Papst wurde." Eigentlich war schon klar, dass Juston gewinnen würde, aber es besserte seine Laune kein bisschen. Spiele, daran war für ihn nicht zu rütteln, sind einfach das letzte. Darüber habe er schon so viele Geschichten geschrieben.
"Am Amazonas kommt es zu einem Kampf zwischen Spaniern und einem Frauenheer"
"Genau, daher kommt der Name Amazonas."
"Das älteste bekannte Emfpängnisverhütungsmittel"
"Das war im 19. Jahrhundert vor unserer Zeit ein Rezept auf Papyrus für ein Zäpfchen aus Krokodilkot." A propos.
Morten oder Thorben, so stellte sich heraus, hatten eine gemeinsame Drogen-Vergangenheit und als Punkmusiker. Sie erzählten dann doch recht lustige Anekdoten davon und spielten ihren Song "Hurensöhne" vor.
Juston war nicht begeistert, er ist ein Hurensohn und aus künstlerischer Empfindlichkeit ist er immer etwas pikiert, wenn etwas Negatives über Hurensöhne gesagt wird. Da die Stimmung sowieso schon am Nullpunkt war, war das jetzt auch egal.
"Es ist gleich Mitternacht!" In Windeseile wurde die Glückskekse geöffnet und alle lasen vor:
"Geben Sie aus Grumütigkeit nicht nach, wenn man Sie zu etwas überreden will." stand auf meinem, ich improvisierte und tat als ob ich vorlese:
"Ich werde in einer chinesischen Glückskeksfabrik gefangen gehalten." Aber für diesen mauen Scherz hatte ich mir die falsche Gesellschaft ausgesucht. Ich wurde belehrt, dass dieses Gebäck in Deutschland hergestellt werde, das wisse doch jeder!
Dann versuchten wir während der Glockenschläge, 12 Weintrauben herunterzuschlucken, ohne zu kauen und gleichzeitig einen Pfannkuchen zu verschlingen. Das bringt Glück, aber nur, wenn man es schafft.
Wir verschluckten uns, husteten und schnappten nach Luft. Dann schlangen wir weiter, unsere Luftröhren verstopften mit Pfannkuchen, Marmelade und Weintrauben und wir erstickten röchelnd, als wir uns auf dem Boden wälzten.
Der zwölfte Glockenschlag war noch nicht verklungen, als es für uns zu Ende war.
Das Jahr fing ja gut an!

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